Fish´n chips

Es gibt nichts Britischeres als Fish and Chips mit matschigen Erbsen

Northampton/England | 03. August 2024 | Text Oliver Schendzielorz | Bilder Oliver Schendzielorz + navalinstitute.com.au

HMS Mermaid der Royal Navy kollidiert mit dem isländischen Küstenwachschiff Pór, März 1976
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Fritierter Fisch im Backteig, begleitet von ebenso fritierten dicken Kartoffelschnitzen und mit einem zu grobem Brei zerdrückten Erbsen, gelten als das weltweit bekannteste britische Nationalgericht überhaupt.
Mit der MotoGP in England unterwegs, genauer gesagt in dem Örtchen Silverstone mit seiner berühmten Rennstrecke, das in der sehr ländlichen Gegend zwischen Birmingham und Northampton liegt, inspirierte mich dazu, dieses einfache und bodenständige Gericht genauer unter die Lupe zu nehmen.
Klassisch wird immer ein Fischfilet vom Kabeljau und Schellfisch genommen oder auch wie bei einer filetierten Scholle im Ganzen, bei der die beiden Filets zusammen mit dem Backteig umhüllt werden, um dann im heißen Fett schwimmend knusprig und goldbraun zu braten.
Ganz wichtig bei der Zubereitung, bevor der Fisch in den Backteig getaucht wird, ist es ihn mit Mehl zu bestäuben. So bildet sich beim Backen ein kleines Luftpolster zwischen dem Fisch und dem Backteig und trägt dazu bei, dass der Fisch nicht zu trocken wird.
Wird zur Zubereitung des Backteiges Bier verwendet, wird der Teig fluffiger und lockerer.
Sobald der Fisch dann oben auf dem Fett schwimmt, ist er fertig gegart. Die absoluten Profis hören am Blubbern des Fettes, welchen Gargrad der Fisch erreicht hat und holen ihn punktgenau aus dem Fett, um ein noch saftiges Fischfleisch servieren zu können.
Als Beilagen werden immer eine Zitronenspalte und eine Sauce Tartare, die aus Mayonaise, gehacktem Eigelb und frischen Kräutern hergestellt wird. Erbsenpüree ist nicht wegzudenken als Beilage oder anstatt Chips auch Mashed potatoes, die in der Regel dann mit einer braunen Soße aus Tamarinden-Schoten serviert wird. Die HP-Soße ist das bekannteste Produkt dieser Soße.
Fish´n chips wurde auf der britischen Insel in den 1870er Jahren des vorletzten Jahrhunderts zum Nationalgericht. Seit Jahrhunderten schon eine Seefahrernation, war die Fischerei Teil des Wirtschaftssystems und versorgte die küstennahe Bevölkerung mit Fisch.
Mit immer besserer Technik beim Fischfang und dem Ausbau des Eisenbahnnetzes, konnte dann auch der hinterste Winkel der Insel mit frischem Fisch schnell und günstig beliefert werden.
So entstanden dann in den größeren Städten die ersten Fast Food Läden, die den Fisch ganz oder in Würfeln im Backteig fritierten, zusammen mit ebenso in Fett gebackenen Kartoffelscheiben, in einem zur Tüte geformten Zeitungspapier packten und damit ein erschwingliches, proteinreiches Essen für die Durchschnittsbevölkerung anboten.
Man schätzt die Anzahl der damaligen Fish´n chips Läden inselweit auf über 10.000 innerhalb eines Jahrzehnts.
Durch die ständige Verfügbarkeit des Fisches wurde dieses Gericht Symbol für die Versorgung der Bevölkerung in Krisenzeiten. Fish´n chips war das einzige Lebensmittel, das in den beiden Weltkriegen nicht für die britische Bevölkerung rationalisiert wurde.
In den 1970er Jahren wurde sogar ein Krieg mit Island in Kauf genommen, der als „Kabeljaukrieg“ in die Geschichtsbücher eingegangen ist. Island sah sich gezwungen den immer mehr werdenden Fischfang anderer Nationen vor ihren Küstengewässern einzuschränken, um den einzigen und für die Insel wichtigen Wirtschaftszweig zu erhalten. Island erkämpfte sich vor den Vereinigten Nationen eine Fischfang-Schutzzone vor ihrer Küste. Die Briten sahen aber überhaupt nicht ein, die fischreichen Fanggründe vor Island aufzugeben und entsandten die Royal Navy als Abschreckung und Geleitschutz für ihre Fischerboote. So standen sich Kriegsschiffe der Royal Navy und die 3 Küstenpatrouillenboote der Isländer gegenüber. Die wirklich einzige Auseinandersetzung, war das Rammen eines Bootes der Isländer durch ein britisches Kriegsschiff, bei dem aber niemand zu Schaden kam. Darauf hin beschwerte sich Island erneut bei der UN und erwirkte dadurch die bis heute gültige 200 Seemeilen-Schutzzone rund um die Insel.
Die Ursprünge dieses Gerichtes jedoch wird der iberischen Halbinsel zugesprochen, jüdische Immigranten aus Spanien sollen den „Pescado frito“ im 15. Jahrhundert auf die Insel gebracht haben. Das Backen von Kartoffeln in Fett wird den belgischen Einwanderern zugeschrieben, die das wie in ihrer Heimat üblich zubereitetet haben und auf der Insel etablierten.

Quelle Bild Kabeljaukrieg: https://navalinstitute.com.au/lessons-from-the-cod-wars-2/

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